Tarsos in Kilikien – heute vor allem bekannt als Geburtsstadt des Apostels Paulus – war eines der wichtigsten administrativen, politischen und kulturellen Zentren des antiken Kleinasiens. Die Metropole behauptete von der persischen Eroberung bis in die Spätantike unter immer wieder wechselnden politischen Bedingungen und Machtverhältnissen ihre Vorrangstellung im kompetitiven Konkurrenzgefüge der Städte Ostkilikiens um politische und wirtschaftliche Macht.
Das Habilitationsprojekt an der Kommission für Alte Geschichte und Epigraphik des DAI ist der Untersuchung dieses Phänomens und den ihm zugrundeliegenden Bedingungen gewidmet und greift dabei auch Fragen zur Entstehung und Ausformung lokaler städtischer Identität(en) und deren Rezeption auf. Dabei bietet besonders die umfangreiche Münzprägung von Tarsos wichtige Kenntnisse z. B. zu Kulten und Gründungsmythen der Stadt sowie zu den Strategien ihrer medialen Selbstdarstellung insgesamt.
Der Philosoph und Redner Dion von Prusa, der die Stadt gegen Ende 1. Jh./Anfang 2. n. Chr. besuchte, erwähnt in einer dort öffentlich gehaltenen Rede, dass anlässlich von Kultfeierlichkeiten ein Scheiterhaufen für den in Tarsos verehrten Gott Sandan-Herakles errichtet wird (or. 33, 47). Rückseitendarstellungen von in Tarsos geprägten Münzen wie die oben abgebildete Bronzemünze aus der Regierungszeit des Kaisers Trajanus Decius (249–251 n. Chr.) zeigen diesen Scheiterhaufen in Form einer Pyramide, im Inneren ein Kultbild des auf einem Fabeltier stehenden Gottes (British Museum Collection, Objektnr. L1899,01/02.81, CC BY-NC-SA 4.0; BMC 305). Die Legende verweist u. a. in der abgekürzten Form AMK auf die Stadttitel πρώτη, μεγίστη, καλλίστη („erste, größte, schönste“), die Tarsos in der Kaiserzeit führte und die ihr Prestige herausstellen sollten.