Selinunt ist die flächenmäßig größte griechische Kolonie auf Sizilien. Die Stadt wurde Ende des 7. Jahrhunderts v. Chr. von der weiter östlich gelegenen Mutterstadt Megara Hyblaea gegründet. 409 v. Chr. wurde Selinunt von den Karthagern erobert. Nach wechselhaften Jahren sind im gesamten Stadtgebiet neue urbanistische Planungen und Aktivitäten zu beobachten, die stark punisch geprägt sind. Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. werden der literarischen Überlieferung nach die Bewohner im Verlaufe des Ersten Punischen Krieges gezwungen, Selinunt zu verlassen und nach Lilybaeum umzusiedeln. Bedeutende Siedlungsspuren finden sich jedoch auch noch in der Spätantike und dem Frühmittelalter bis hin zur Neuzeit.
Das DAI Rom ist seit 1971 mit verschiedenen Projekten an der archäologischen und bauhistorischen Erforschung des prominenten Fundorts beteiligt, dessen Fokus weitestgehend auf der Topographie und Architektur der griechischen Stadt des späten 7. bis 5. Jahrhunderts v. Chr. lag. Dadurch konnten grundlegende Erkenntnisse zum Gesamtplan der Stadt, den verschiedenen Befestigungssystemen und zu zentralen Aspekten der Bebauung von Akropolis und Agora gewonnen werden. In den letzten Jahren hat sich der Schwerpunkt der Forschungen zum einen auf die reichhaltigen Verbindungen der Stadt, die aufgrund gezielter Materialuntersuchungen und der teilweisen Freilegung des Töpferviertel (Kerameikos) immer deutlicher hervortreten, verlagert, zum anderen auf die diachrone Entwicklung der Stadt vom späten 7. Jahrhundert bis zum Frühmittelalter.