Seit 1995 ist die Kommission für Archäologie Außereuropäischer Kulturen in Kooperation mit dem “Institut National des Sciences de l’Archéologie et du Patrimoine”, der marokkanischen Altertümerverwaltung, im östlichen Rif tätig. Das Rif ist eine zum Atlasgebirge gehörende Gebirgskette von etwa 350 Kilometern Länge. Das Gebiet umfasst sehr unterschiedliche Lebensräume von der Mittelmeerküste bis in den Präsaharabereich, in dem zahlreiche neue steinzeitliche Fundplätze entdeckt und untersucht werden konnten. Die Ergebnisse zeichnen eine Kulturabfolge der frühesten Menschheitsgeschichte bis in die islamische Epoche und schaffen eine erste archäologische Grundlage, um an dieser wichtigen Nahtstelle zwischen dem afrikanischen und dem europäischen Kontinent Wechselwirkungen und kulturelle Einflüsse zu erfassen. Das Projekt spielt daher auch eine wichtige Rolle in der Diskussion um das sogenannte „Out of Africa“. Denn nicht nur über den Nordosten des Kontinents und die arabische Halbinsel hat der Mensch von Afrika aus die Welt besiedelt. Es gab wohl auch eine westliche Kontaktzone.
Hervorgehoben sei der Fundplatz in Ifri n’Ammar, einer Höhle im östlichen Rif, die sich als Archiv von ungeahnten Dimensionen erwies und deren erste Besiedlungsspuren über 180.000 Jahre zurückreichen. Aber auch die dortigen Funde sind bemerkenswert. Einige kleine Meeresschnecken, die Durchbohrungen und Spuren roter mineralischer Hämatit-Farbe aufweisen, sind mit 83.000 Jahren der bei weitem älteste Schmuck der Menschheitsgeschichte. Die Schnecken waren aber nicht nur schmückendes Beiwerk. Vermutlich erfüllten sie auch eine Kommunikationsfunktion. Warum sonst sollten sie – eher kleine und unscheinbare Objekte – am ganzen Südrand des Mittelmeeres bis hin in den äußersten Süden des afrikanischen Kontinents vorkommen.