Der drei Meter hohe Siedlungshügel Aşağı Pınar in der heutigen Stadt von Kırklareli im europäischen Teil der Türkei wird seit 1993 in einem Gemeinschaftsprojekt der Eurasien-Abteilung und der Universität Istanbul archäologisch erforscht. Etwa 4.500 Quadratmeter der neolithischen Siedlung konnten ausgegraben werden und zeigen eine durchgehende Besiedlung von 6.200-4.800 v.Chr.
Eine große Überraschung war der Nachweis eines Grabens mit einem komplexen Netzwerk von untergeordneten Gruben und Kanälen innerhalb der Siedlung. Der Ost-West ausgerichtete Graben wurde auf einer Länge von 120 Metern freigelegt. Er war lange Zeit in Nutzung, wurde mehrmals erneuert. Die Tiefe des Grabens übersteigt in manchen Bereichen 2 m, seine Breite variiert zwischen 2,5–3 m im oberen Teil und 20 cm an der Grabensohle. Die Funktion des Grabens ist weitgehend unklar. Tierknochen, Alltagsgegenstände und Keramik, die als Siedlungsabfall angesprochen werden könnten, fanden sich lediglich in der untersten Füllung der frühesten Phase. Auffällig ist der große Anteil von Feinkeramik und Figurinen.
Doch der Graben in Aşağı Pınar ist kein kurioser Einzelfall, sondern nur ein Beispiel für ein offenbar weit verbreitetes kulturelles Phänomen. In mehreren Siedlungen aus dem 6. Jahrtausend v. Chr. in Ostthrakien, Anatolien und in Georgien wurden in den letzten Jahren solche Gräben entdeckt.
Eine neue Förderung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft erlaubt es nun einem türkisch-deutschen Forscherteam alle relevanten Daten zu den Gräben zusammenführen und auszuwerten.