Das Pferd ist ein kulturgeschichtlich bedeutendes Haustier. Domestizierte Pferde ermöglichten dem Menschen erstmalig, seine Gene, Krankheiten und Kulturen weit über die ihm physisch gesetzte Geschwindigkeit der Fortbewegung zu verbreiten. Darüber hinaus revolutionierten die Pferde den Personen- und Warenverkehr in der Alten Welt, und zwar in einem Maße wie dann erst wieder Eisenbahn und Automobil im 19. und frühen 20. Jahrhundert, und sie führten auch zu nachhaltigen Neuerungen in der Kriegsführung.
Der Erforschung von Herkunft und früher Nutzungsgeschichte des Pferdes widmen sich verschiedene biologische bzw. historische Disziplinen. Wichtige Beiträge zu Fragen nach Ort und Zeitpunkt der Haustierwerdung des Pferdes sind lange Zeit vor allem von Seiten der Archäozoologie durch Studien an Knochen- und Zahnresten aus archäologischen Ausgrabungen erbracht worden.
Mit den seit einigen Jahren möglichen Untersuchungen an in Knochen und Zähnen konservierter „alter DNA“ bietet sich ein völlig neuer methodischer Ansatz, den Fragen nach den Anfängen der Domestikation des Pferdes sowie seiner Zuchtgeschichte in den anschließenden Zeitepochen nachzugehen.
Im Jahr 2008 hat sich in Berlin eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe gebildet, aus der – mit Unterstützung durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft – verschiedene archäogenetische Studien zur Domestikation des Pferdes hervorgegangen sind. Basis der Untersuchungen waren über 350 Pferdeskelette aus dem eurasischen Raum.
Unter Leitung des Labors für Archäozoologie des Referats für Naturwissenschaften des DAI haben beispielsweise die Untersuchungen an den Pferdeskeletten aus dem skythischen Fürstengrabhügel Aržan 2 in der Region Tuva (s. Tag 21) wichtige Ergebnisse geliefert. Die Nekropole wird in das späte 7. Jahrhundert v. Chr. datiert. Neben mehreren menschlichen Bestattungen fand sich ein Grab mit 14 Pferdeskeletten. Die zoologischen Untersuchungen konnten zeigen, dass die für die Grablege vorgesehenen Pferde nach verschiedenen Kriterien wie Alter, Geschlecht und Körpergröße ausgewählt worden sind. Bei den Tieren handelt es sich um männliche Pferde im besten Nutzungsalter (8–18 Jahre) und von besonderer Körpergröße (Widerristhöhe 135–145 cm). Nach den genetischen Merkmalen scheinen die 14 Pferde aus unterschiedlichen Herden zu stammen. Die Bestimmung der Fellfärbung ergab fünf verschiedene Farbausprägungen.
Das Labor für Archäozoologie untersucht in Kooperation mit verschiedenen Landesdenkmalämtern aber auch Pferdeskelette in Deutschland: Als ältestes Pferd mit einer für Hauspferde typischen Fellfarbvariation (Tobiano-Scheckung) gilt eine Stute aus dem Erdwerk von Salzmünde bei Halle (Saale) mit einem absoluten Alter zwischen 3370 und 3100 v. Chr.