Auf einem über 3000 Meter hohen Hochplateau im südlichen Bergland des Jemen liegt die frühhimyarische Siedlung von Jabal al-‘Awd. Die etwa 7 ha große Stadtanlage stand ab dem 1. Jahrhundert v. Chr. in voller Blüte, bis sie in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. in einer großen Feuerkatastrophe vollständig vernichtet wurde. Sie war Teil des Hochlandreiches von Himyar, dessen Hauptstadt Zafar nur wenige Kilometer Luftlinie entfernt liegt und ist aufgrund des umfangreichen Fundmaterials sowie gut erhaltener Architekturbefunde eine der wichtigsten Fundplätze jener Epoche.
Seit 1998 arbeitet die Außenstelle Sanaa regelmäßig in Jabal al-‘Awd und konnte mehrere Wohnhäuser, ein Stadttor sowie einen Tempel und einen Verwaltungsbau genauer untersuchen. Bemerkenswert sind vor allem die Kollektivbestattungen in den Wohnhäusern. Sie zählen zu den außergewöhnlichsten Bestattungssitten Südarabiens und weisen bisher keine Parallelen an anderen Fundplätzen auf. Hellenistisch-römische Bronzefunde aus einem Repräsentationsbau zeugen wiederum von den Kulturkontakte, die Südarabien zum mediterranen Raum pflegte.