Die Oase von Marib im heutigen Jemen war die Lebensader eines bedeutenden Karawanenreiches des 1. Jahrtausends v. Chr.: dem Reich von Saba. Grundlage seines Wohlstandes war eine intensive Landwirtschaft, mit der nicht nur die lokale Bevölkerung, sondern auch Karawanen versorgt wurden. Dies konnte naturgemäß nur mit einem ausgeklügelten Bewässerungssystem bewerkstelligt werden.
Eines der schwierigsten und aufwendigsten Projekte nahmen die Sabäer im 6. Jahrhundert v. Chr. in Angriff. Der Große Damm von Marib ermöglichte eine Vollsperrung des gesamten Wadis, mit der man nahezu alles Wasser für die Bewässerung der Felder verwenden und damit gleichzeitig die Anbaufläche deutlich ausweiten konnte. Es ging hierbei nicht um Bevorratung wie bei modernen Talsperren. Vielmehr wurde gestaut, um den Wasserspiegel anzuheben, das Wasser zu beruhigen und in Kanäle einzuleiten. So konnte man die Felder kontrolliert überfluten. Die Sabäer errichteten dazu einen 600 Meter langen, fast 100 Meter breiten und ungefähr 20 Meter hohen Erddamm mit Steinstückung. An den Seiten befanden sich Auslassbauwerke, über die man das Wasser ins Kanalnetz einspeisen konnte.
1000 Jahre lang konnten die Sabäer auf diese Weise die lebensfeindliche Region in eine fruchtbare Oase verwandeln. Fast 10.000 Hektar Ackerland wurden bewirtschaftet und machten Marib zur größten künstlich geschaffenen Oasenlandschaft Südarabiens.
Die Zerstörung des Damms durch ein gigantisches Großwasserereignis fand sogar Erwähnung im Koran als Strafe Allahs an den gottlosen Sabäern. In der Neuzeit wurde er als Steinbruch genutzt – eine Entwicklung, der die Grabungen und Restaurierungsarbeiten des DAI bis 2006 ein Ende bereiten sollten. Doch während des andauerenden Bürgerkriegs im Jemen wurden große Teile des restaurierten Damms von mindestens zwei Raketentreffern im Sommer 2015 erneut stark zerstört.