Die politischen Umwälzungen im Jahr 1989 boten der Archäologie neue Perspektiven. Nach Jahrzehnten der Isolation öffneten sich die ehemaligen Ostblockstaaten der internationalen Forschung und dem wissenschaftlichen Austausch. Zuvor waren riesige, historisch bedeutsame Gebiete in Mittelasien, wenn überhaupt, nur sporadisch in das westliche Geschichtsbild einbezogen. Mit der Gründung der Eurasien-Abteilung am 1. Januar 1995 reagierte das Deutsche Archäologische Institut auf diese Neuordnungen und erweiterte somit sein Arbeitsgebiet nach Osteuropa und Mittelasien.
Um die iranische Archäologie im Verbund mit der Forschung zu Zentralasien betreiben zu können, wurde ihr bereits ein Jahr später die ehemalige Abteilung Teheran als Außenstelle (s. Tag 150) zugeordnet. Mit der Gründung der zweiten Außenstelle in Peking (s. Tag 126) vor etwa zehn Jahren wurde das Arbeitsgebiet der Abteilung schließlich enorm vergrößert: Es reicht aktuell vom Schwarzen Meer bis zum Pazifischen Ozean.
Die neu gegründete Abteilung saß zunächst in den Räumen des Zentralinstituts für Alte Geschichte und Archäologie der Akademie der Wissenschaften der DDR, aktuell der Sitz des Bundesrates. Heute befindet sie sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Lepsius-Kolleg und dem Naturwissenschaftlichen Referat des DAI in Dahlem. Dort beherbergt sie auch eine Bibliothek, die mit etwa 90.000 Bänden einen wichtigen Anlaufpunkt für internationale Forscherinnen und Forscher bietet. Die eigenen Publikationen der Abteilung reichen von ‚Eurasia Antiqua’, über ‚Archäologische Mitteilungen in Iran und Turan‘ bis hin zu ‚Archeology in China and East Asia‘. Neben dem Wissenschaftspublikum wird zudem das jüngere Publikum mithilfe von Mitmach- und Entdeckerbüchern angesprochen, die in Form von Sachbüchern zum Beispiel zur Ostasiatischen Archäologie veröffentlicht werden.
Viele wichtige technische Innovationen – wie die Domestikation von Haustieren und die Herstellung von Tongefäßen oder spätere Erfindungen wie Rad und Wagen – wurden im eurasischen Raum durch einen raschen Wissenstransfer verbreitet. Die Abteilung erforscht in zahlreichen Projekten neolithische Siedlungen, bronzezeitliche Nekropolen und hellenistische Befestigungen. Es werden die Wechselwirkungen zwischen den nomadischen und sesshaften Kulturen und die sozialen Prozessen von der Vorgeschichte bis ins Mittelalter untersucht.
Mithilfe einer intensiven internationalen Zusammenarbeit können zudem Austauschprogramme für Gastwissenschaftler realisiert, gemeinsame Publikationen veröffentlicht oder Ausstellungen in Museen organisiert werden.