Datenschätze aus Privatarchiven zu Nordafrika – Ein Beitrag von Britta Wagner
Nordafrika war in der Antike ein wichtiger Bestandteil des Römischen Reiches. Trotzdem kamen die Maghreb-Staaten vergleichsweise spät in den Fokus der Archäologie: Erst ab den 1950er Jahren gab es dort systematische und nach unserem heutigen Verständnis professionelle Ausgrabungen. Trotz des jungen Charakters dieser Forschungen schlummert in den Privatbeständen der beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein reicher Datenschatz. Im Projekt „North African Research Archive“, kurz NARA, werden diese Materialien durch das DAI nun inventarisiert, digitalisiert und erschlossen.
Der Datenschatz besteht aus Zehntausenden Fotografien, Handzeichnungen und Skizzen sowie schriftlichen Dokumenten wie Grabungstagebüchern oder Briefen. Teilweise handelt es sich um die Nachlässe von Forschenden, teilweise haben die Archäologinnen und Archäologen ihr gesammeltes Material aber auch schon zu Lebzeiten als Vorlässe zu wissenschaftlichen Zwecken an das DAI übergeben.
Vom antiken Marmorabbau bis zu meisterlichen Skulpturen
In einem ersten Schritt widmet sich das NARA-Projekt der Aufarbeitung des Nachlasses des Bauforschers Friedrich Rakob (1931-2007). Er hatte seine Forschungstätigkeit beim DAI in Rom begonnen, entdeckte aber auf einer Stipendiatenreise seine Forschungsleidenschaft für den Maghreb, insbesondere für Tunesien. Der Westfale leitete die Großgrabungen im berühmten Karthago und in Simitthus (heute Chimtou), dem Produktionsort des bei den Römern sehr beliebten gelblichen „Giallo antico“-Marmors, auch als „Marmor numidicum“ bekannt. In Rakobs rund 30 Jahren Forschungstätigkeit entstanden mehr als 60.000 Negative und Dias – die genaue Zahl kann nur geschätzt werden –, die vom DAI in zeitaufwändiger Arbeit digitalisiert werden.
Sobald die Arbeiten am Rakob-Nachlass abgeschlossen sind, werden weitere Nachlässe in Angriff genommen. Dazu zählen die zahlreichen Dias des 1974 verstorbenen Josef Röder, der wie Rakob die antike Marmorproduktion erforschte. Seine Reisen führten ihn jedoch in den gesamten Mittelmeerraum. Der Nachlass der 2012 verstorbenen Christa Hees-Landwehr dokumentiert die antiken Marmorskulpturen aus dem algerischen Cherchell, die in der Region ihresgleichen suchen. Schließlich plant das DAI auch, den fotografischen Nachlass des Christlichen Archäologen und byzantinischen Kunsthistorikers Friedrich Wilhelm Deichmann (1909-1993) in das NARA-Archiv zu integrieren. Er war ein Pionier seines Faches und legte in seiner mehr als 40-jährigen Forschungstätigkeit eine Sammlung mehr als 8.000 Negativen an.
Sicherer Zugang für künftige Generationen
Die schlummernden Datenschätze werden vom DAI zunächst überblicksartig inventarisiert. In weiteren Schritten werden die relevanten Materialien digitalisiert und inhaltlich erschlossen und über die Online-Datenbanken des DAI öffentlich zugänglich gemacht. Diese sind auf eine Langzeitsicherung ausgelegt, so dass auch zukünftige Generationen von den Forschungsergebnissen der Pionierinnen und Pioniere profitieren können. Perspektivisch wird das DAI das NARA-Archiv des DAI auch mit den Materialien anderer europäischer und nordafrikanischer Institutionen zusammenführen und über das institutsübergreifende „North African Heritage Archives Network“ (NAHAN) verfügbar machen.
Weitere Informationen
Rakob-Nachlass in iDAI.objects: https://arachne.dainst.org/project/rakob
NARA in iDAI.objects: https://arachne.dainst.org/project/nara
Projekt Digitalisierung Rakob-Nachlass: https://www.dainst.org/projekt/-/project-display/3929488
Der Beitrag von Britta Wagner entstand im Rahmen des Fernpraktikums zur Wissenschaftskommunikation am DAI 2021.