Fischknochen aus Aruchlo (Georgien) #homeoffice

von Svend Hansen

Ordnung schaffen war für Viele in der ersten Pandemie-Welle eine Methode, dem drohenden Chaos zu entgehen. Dazu gehörte auch, manche der liegen gebliebenen Projekte aufzuarbeiten. Kenneth Ritchie, einer der wenigen auf Fische spezialisierten Biologen, kam im Home-Office dazu, die Fischknochen aus Aruchlo, einer neolithischen Siedlung in Georgien zu untersuchen.

Unsere, zusammen mit dem Archäologischen Zentrum des Georgischen Nationalmuseums, zwischen 2005 und 2016 durchgeführten Grabungen haben in Aruchlo eine der frühsten neolithischen Siedlungen im Südkaukasus aufgedeckt. Sie bestand zwischen 5800 und 5300 v. Chr. und ist vor allem durch Rundbauten aus ungebrannten Lehmziegeln charakterisiert. Die Ökonomie basierte auf Ackerbau und Viehzucht. Die Jagd spielte keine Rolle.

Erstmals wurde in einem solchen frühen Bauerndorf auch eine größere Menge von Fischreste geborgen. Es handelt sich vor allem um Reste von Karpfenartigen Fischen (Luciobarbus mursa  und Capoeta capoeta). Es ist die größte Ansammlung von Fischknochen, die im Südkaukasus sicher in das frühe sechste Jahrtausend v. Chr. datiert werden kann. Die Interpretation dieser Funde ist aufgrund des Fehlens anderer vergleichbarer Funde und des Fehlens von Fischereigeräten nicht ganz einfach. Der Fischfang dürfte in den Flüssen in der Nähe der Siedlung vermutlich mit Netzen oder Reusen betrieben worden sein.

[Abb.1 Capoeta capoeta (nach Von Kessler- Fishes of Turkestan. Travels in Turkestan, A.P. Fedtshemko; Copyright: Gemeinfrei Wikipedia]

Aruchlo 1 (auf der Karte der grüne Punkt) liegt zwischen den Flüssen Chrami und Masavera, die hier zusammenfließen, um weiter östlich an der georgisch-azerbaidschanischen Grenze in den Kura-Fluß zu münden. Dieser wiederum entwässert nach Südosten in das Kaspische Meer.

[Abb.2 Satellitenbild mit Eintrag der neolithischen Siedlung; Copyright: Andrea Ricci- Eurasien Abteilung]

Die meisten Fischknochen waren an einer Stelle in Graben 10 (7) konzentriert und bildeten mit großer Wahrscheinlichkeit die Reste eines einziges festlichen Mahls. Der Fundort ist ebenfalls ungewöhnlich. In der Siedlung konnten nämlich 10 Gräben nachgewiesen werden, die in bereits bestehende Siedlungsschichten eingetieft waren und dann wieder verfüllt wurden. Hierfür wurde aber nicht das ausgegrabene Material verwendet, sondern anstehender steriler Boden. Zwischen den Einfüllschichten wurden aber immer wieder auch Reste von Tierknochen deponiert, die wahrscheinlich ebenfalls von einzelnen Festessen stammen. Die Gräben hatten höchstwahrscheinlich eine rituelle Funktion, die in irgendeiner Weise mit der Speiseüberresten verbunden war.

Abb. Blick in die Grabung mit Gräben und Rundbauten (Photo S. Hansen)

[Abb.3 Blick in die Grabung mit Gräben und Rundbauten; Copyright: Svend Hansen]

Kenneth Ritchie , Wim Wouters , Guram Mirtskhulava , Saba Jokhadze, Dimitri Zhvania , Joni Abuladze, Svend Hansen,  Neolithic fishing in the South Caucasus as seen from Aruchlo I, Georgia. Archaeological Research in Asia 25 (2021) 100252