Autorin: Dr. Regina Uhl
Während der »Homeofficezeit« habe ich meine Arbeitsstelle gewechselt und bin seit April 2021 wieder für die Eurasien-Abteilung in Berlin tätig. Als Nachfolgerin der Ukrainereferentin beschäftige ich mich mit prähistorischer Schwarzmeerarchäologie – ein Raum, mit dem ich mich in den letzten Jahren auch zur Promotion intensiv auseinandergesetzt habe. Dabei befasste ich mich mit Fragen der Technik- und Sozialgeschichte sowie der Formierung, aber auch archäologischen Sichtbarmachung sozialer Komplexität in der prähistorischen Archäologie.
Die nachfolgenden Abbildungen geben eine Einblick in bishere Forschungen und stammen von einer Grabung der chalkolithischen Siedlung Petreni, Raj. Drochia, Republik Moldau.

Diesem Arbeitsgebiet zwischen Karpaten und Kaukasus bin ich treu geblieben und widme mich nun der Wechselwirkung und dem Interagieren von komplexen Gesellschaften und dem Herausbilden von politischen Systemen im Zeitraum zwischen 1500-800 v. Chr. Besonders interessant ist dabei nicht nur die Frage nach dem Entstehen, sondern auch nach dem Scheitern von politischen Systemen und wie man solche »Leerstellen der Geschichte« archäologisch nachvollzeichnen kann.

In der Opposition zu etwas, in der Aufnahme des Anderen, in Konfrontation mit dem Anderen lassen sich von relativer Deprivation bis hin zu marktstrategischen Aspekten sozial konstitutive wie auch destruktive Mechanismen ableiten, für die ich bspw. Konzepte zur Globalisierung und Scapes nach Arjun Appadurai als Arbeitsrahmen verwende (Kulturelle Transaktionen/ Homogenisierung/ Heterogenisierung/ Scapes, Vgl. Appadurai 1986). Darüber hinaus bilden gerade die Frage der Sichtbarkeit und Sichtbarmachung von Gemeinschaften mit pastoraler Lebensweise einen fruchtbaren Schwingungsrahmen für diese Studien.

Es ist bemerkenswert, dass »Nomadismus« in der Forschung vielfach mit Fremdheit, Andersheit, gar dem »Wilden und Exotik« verknüpft wird. Dies kommt in den antiken, schriftlichen Quellen ebenso zum Ausdruck (z. B. Schubert/ Weiß 2013), wie bei der Auswertung der materiellen Kultur, vornehmlich Keramik, wonach spezifische Elemente oder die Zusammensetzung des Tons als Indikatoren auf Fremdeinflüsse bewertet werden (Uhl 2015, 6-20). Gerade jene »Nomaden« sind es jedoch, welche vielfach die Träger von Kreativität und Innovation sind und als die Kommunikatoren und Vertreiber von Gütern und Ideen für die »sesshafte Welt« wirken.
Einen weiteren Arbeitsbereich bilden Kommunikationsnetzwerke heute und damals sowie Fragen der Mobilität auf dem Balkan und in Osteuropa, denen ich mich in unterschiedlichen Arbeitsgruppen und Materialstudien widmen möchte. Eine dieser Arbeitsgruppen wird im Rahmen der trilateralen Forschungskonferenzen Villa Vigoni („MoBaB | Mobilität auf dem Balkan während der Bronzezeit/ Mobilité dans les Balkans durant l’âge du Bronze/ Mobilità nei Balcani durante l’Età del Bronzo“) durch den DFG, Villa Vigoni und die Fondation Maison des Sciences de l‘Homme (FMSH) gefördert. Gemeinsam mit 16 Wissenschaftler*Innen aus dem gesamten Balkanraum erarbeiten wir neue Forschungsthemen und werden diese in der neu gegründeten Zeitschrift am CNR in Rom vorstellen und diskutieren.
Weitere Projektskizzen, Ideen und wissenschaftliche Unternehmungen werde ich an dieser Stelle hoffentlich bald vorstellen können.

Literaturangaben:
Appadurai 1986: A. Appadurai, The social life of things (Cambridge 1986).
Uhl 2015: R. A. Uhl, Die Cucuteni C-Keramik: Forschungsgeschichtliche Aspekte und Perspektiven, Revista Arheologică. Seria Nouă vol. XI,1-2 (2015) 6–20.
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