Zu den bemerkenswerten Ergebnissen der Untersuchungen alter DNA, die in jüngerer Zeit durchgeführt wurden, gehört die Identifizierung des Pesterregers Yersinia pestis bereits im späten 4. Jahrtausend v. Chr. Eine erste Studie von 2017 basierte auf dem Screening von 563 Zahn- und Knochenproben aus der Bronzezeit, das sechs Nachweise für einen frühen Pesterreger erbrachte, der sich von den späteren Formen dadurch unterscheidet, dass er noch nicht von Flöhen übertragen wurde.
Zu seinen ersten Nachweisen in der Zeit um 2800 v. Chr. gehört ein Individuum aus dem Kaukasus, aus Grab 11 in Hügel 21 der Nekropole von Rasshevatskij 1, eine Bestattung der Jamnaja-Kultur. Das Individuum wurde direkt datiert und dürfte zwischen 2875–2699 cal BC (4171 ± 22 uncal BP; MAMS-29816) bestattet worden sein. Es ist damit zusammen gegenwärtig mit einem Nachweis aus der Afanasevo-Kultur im Altai das älteste nachgewiesene Individuum mit dem Erreger Yersinia pestis. Nur wenig später datiert ein Individuum aus Kroatien.
Für die jetzt veröffentlichte Studie unter Leitung von Alexander Herbig (Max Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie), an der aus der Eurasien-Abteilung Svend Hansen und Sabine Reinhold beteiligt waren, wurden weitere 252 Proben auf den Pesterreger untersucht. Bei 17 Proben wurde man fündig. Die frühen Nachweise für die Pest reichen nun in einem weiten geographischen Raum vom Altaigebirge im Osten über den Kaukasus bis nach Schweden und es lässt sich die Entwicklung aus einer Abstammungslinien belegen. Spätestens im 2. Jahrtausend v. Chr. erreichte eine Variante der frühen Pest auch die Iberische Halbinsel.
Mit inzwischen vier Nachweisen der bronzezeitlichen Pest ist der Nordkaukasus eine besondere Region. Wenig jünger als das Individuum aus Rasshevatskij ist ein Grab aus Krasnogvardeyskoe (Grab 8), das nur 40 km entfernt liegt. Mit dem Toten aus Kurgan 1, Grab 8 von Kaluzhny 1 ist ein Individuum der Lola-Kultur aus der Zeit zwischen 2243-2091 cal BC belegt. Der bislang der jüngste Nachweis für den Pesterreger im Kaukasus ist ein eisenzeitliches Grab aus der befestigten Siedlung von Grusevskoe, das ins frühe 1. Jahrtausend v. Chr. datiert.
Die frühe Pest brach in Eurasien seit 3000 v. Chr. immer wieder aus. Von einem Gesamtbild sind wir allerdings noch weit entfernt. Wir dürfen annehmen, dass sich diese frühen Pestausbrüche auf die lokalen und regionalen Ökonomien ähnlich negativ auswirkten, wie dies für die Cyprianische Pest im 3. Jh. n. Chr. oder die Justinanische Pest ab 541 nach Christus beschrieben wird.

Kaluzhnij 1, Grab 8 in Grabhügel 1
[Bildautor: S. Berezin, Nasledie/DAI]
Informationen zur Publikation
Aida Andrades Valtueña, Gunnar U. Neumann, Maria A. Spyrou, Lyazzat Musralina, Franziska Aron, Arman Beisenov, Andrey B. Belinskiy, Kirsten I. Bos, Alexandra Buzhilova, Matthias Conrad, Leyla B. Djansugurova, Miroslav Dobes, Michal Ernée, Javier Fernández-Eraso, Bruno Frohlich, Mirosław Furmanek, Agata Hałuszko, Svend Hansen, Éadaoin Harney, Alina N. Hiss, Alexander Hübner, Felix M. Key, Elmira Khussainova, Egor Kitov, Alexandra O. Kitova, Corina Knipper, Denise Kühnert, Carles Lalueza-Fox, Judith Littleton, Ken Massy, Alissa Mittnik, José Antonio Mujika-Alustiza, Iñigo Olalde, Luka Papac, Sandra Penske, Jaroslaw Peška, Ron Pinhasi, David Reich, Sabine Reinhold, Raphaela Stahl, Harald Stäuble, Rezeda I. Tukhbatova, Sergey Vasilyev, Elizaveta Veselovskaya, Christina Warinner, Philipp W. Stockhammer, Wolfgang Haak, Johannes Krause, Alexander Herbig, Stone Age Yersinia pestis genomes shed light on the early evolution, diversity and ecology of plague. PNAS 2022, Vol. 119, No. 00 e2116722119.
Downloadlink: https://doi.org/10.1073/pnas. 2116722119
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