„Wer nicht bis zur Großen Mauer kommt, ist kein richtiger Mann“ 不到长城非好汉sagen die Chinesen und meinen „Gib nicht auf, bevor du dein Ziel erreicht hast“. Kein Wunder, dass sie alle einmal im Leben an die Mauer wollen. Von Peking aus ist das ganz einfach, ein Tagesausflug, wenn es nur auf Selfies mit einem der imposanten Abschnitte ankommt, die vom 14. bis 16. Jahrhundert gebaut und im 20. Jahrhundert restauriert wurden. Wer mehr Zeit hat, bleibt ein Wochenende, quartiert sich in einem Dorfgasthof oder Luxushotel ein, wandert oder rennt auf oder neben der Mauer und hat sie oft für sich allein. Denn nur wenige Kilometer entfernt von den Touristenknotenpunkten lebt die Mauer wie seit Jahrhunderten, hier stehend, da stürzend, noch lang, aber schon mit Lücken, verlassen, in Gesellschaft von Gestrüpp.
Niemand, der sie einmal erlebt hat, kommt von ihr los. Manche widmen ihr Leben der Erforschung der Großen Mauern, im Plural, sie ist nämlich kein einzelner Baukörper, sondern eine Menge von Mauern, die viele Könige und Kaiser errichteten, über 2000 Jahre hinweg. Natürlich nicht ununterbrochen, einige Kaiser fanden Grenzmauern nutzlos und kümmerten sich nicht um sie, aber weil so viel Stolz und Leid in ihnen steckt und es so oft in der Geschichte Chinas um sie ging, weil so viele Erzählungen und Mythen um sie wuchern, prägen sie das chinesische Selbstverständnis wie kein anderes Symbol, bis heute.
Von der Außenstelle Peking des Deutschen Archäologischen Instituts und der Deutschen Botschaftsschule Peking sind es nur 70 km bis zum nächstgelegenen Abschnitt der Großen Mauern. Gemeinsam in einem Unterrichtsmaterial für Lernende und Lehrende eine kurze Geschichte Chinas entlang der Mauern zu erzählen, lag also nahe. Das Material kam 2014 heraus und war kurz danach vergriffen. Wir haben es überarbeitet und mit Unterstützung der Deutschen Botschaft Peking als Band 2 der Reihe „Mitmach- und Entdeckerbücher zur Ostasiatischen Archäologie“ nochmal aufgelegt.
Unser Buch ersetzt nicht die Fachbücher, Bildbände und Reiseführer zur Großen Mauer, es bietet einen anderen Zugang zum Thema. Wir machen darin in kurzen Episoden Fachwissen zugänglich für diejenigen, die schnell den aktuellen Kenntnisstand zum Ersten Kaiser von China, der Han- oder der Ming-Dynastie – sie waren große Bauherren – brauchen; für Lehrende, die unterrichtsfertig aufbereitetes Material suchen; und für Eltern und Großeltern, die nicht aufgeben, bevor sie mit ihren Kindern und Enkeln die große weite Welt entdeckt haben.
/ Die Autoren
Band 2: Mayke Wagner, Patrick Wertmann, Pavel E. Tarasov, Claus Massier: Chinas Große Mauern. Nünnerich–Asmus Verlag & Media GmbH, Mainz, 2018.
80 Seiten, zahlreiche farbige Abbildungen und Karten, 21 x 29,7 cm, Broschur
ISBN 978-3-96176-075-6
Beitragsbild (Seitenanfang): Mauerabschnitt in Gubeikou. Foto: P. Wertmann