Auftakttagung des DAI-Clusters „Körper und Tod. Konzepte – Medien – Praktiken“
von Alexander Gramsch
Zu den häufigsten Funden archäologischer Ausgrabungen gehören menschliche Überreste – seien es einzelne Knochen, vollständige Skelette oder mumifizierte Körper. Zu den häufigsten Befunden gehören solche, die im Zusammenhang mit dem Umgang mit dem Tod entstanden. Gräber, wie sie uns geläufig sind, bilden jedoch nur einen Teil dieser Befunde. Um verschiedene Forschungsansätze rund um eine „Archäologie des Körpers“ zu vernetzen, wurde zu Beginn des Jahres 2021 ein Forschungscluster am DAI ins Leben gerufen, das sich mit Konzepten, Medien und Praktiken zu „Körper und Tod“ befasst. Mit neuen Fragestellungen und Deutungsansätzen soll die traditionelle Gräberarchäologie erweitert und der Körper als Forschungsthema etabliert werden. Nach mehreren online durchgeführten Vorabtreffen kamen die Mitglieder des Clusters vom 2. bis 4. September zu ihrer internen Auftakttagung in Frankfurt a. M. zusammen, um auf Basis mehrerer Vorträge die Themen und Arbeitsbereiche, Ziele und Möglichkeiten dieses neuen Clusters zu diskutieren.
Erstmals seit vielen Monaten war es wieder möglich, sich in Präsenz an der RGK zu treffen. Zugleich wurde die Tagung den Clustermitgliedern auch online zugänglich gemacht, so dass auch jene teilnehmen konnten, die nicht persönlich in Frankfurt dabei sein konnten. Teilgenommen haben 16 Personen in Präsenz in der RGK und im Schnitt weitere 15 Personen, die online zugeschaltet waren.
Es waren zwei sehr intensive Tage mit sehr offenen und tiefgehenden Diskussionen, vielen guten Anregungen und teils hitzigen Debatten über Begriffe und Konzepte, gefolgt von einer Führung durch das Archäologische Museum Frankfurt am dritten Tag. Zwei Kameras und zwei Mikrophone im Vortragsraum der RGK ermöglichten eine Videokonferenz, bei der sowohl die in Präsenz Teilnehmenden als auch die online Teilnehmenden sich rege und aktiv an den Diskussionen beteiligen konnten. Neben sieben Vorträgen zu grundlegenden Fragen wie Körperkonzepten, Austausch zwischen den beteiligten Disziplinen, Umsetzung in der Forschungspraxis und ethischen Fragen, hatten die Organisator*innen Alexander Gramsch (RGK Frankfurt), Julia Gresky (DAI Berlin) und Norbert Zimmermann (DAI Rom) auch zu einem öffentlichen Abendvortrag am 2.9. eingeladen. Hier sprach Massimiliano Ghilardi vom Istituto Nazionale di Studi Romani unter dem Titel „From skeleton to altars, from anonymous bones to relics. Notes on the creation of corpisanti in ceroplastic” über sogenannte Ceroplastiken – aus Wachs modellierte christliche Heilige, bei denen im späten 18. und frühen 19. Jahrhundert reale menschliche Knochen aus Katakomben verwendet wurden.
Aus den Diskussionen der Auftakttagung folgt, dass das Cluster „Körper und Tod“ ein wichtiges Forum sein kann und will:
- um den Austausch und das wechselseitige Verständnis zwischen den Disziplinen zu fördern, die an der Erforschung menschlicher Überreste aus archäologischen Kontexten beteiligt sind;
- um Forschungsfragen zu menschlichen Körpern und zum Tod in ganz unterschiedlichen sozialen und historischen Zusammenhängen weiterzuentwickeln;
- um auch fachpolitische Fragen weiterzuentwickeln, z.B. zu einer möglichen Disziplin der Thanatologie oder Archäothanatologie, aber auch zur Unterstützung bedrängter Fächer wie der Physischen Anthropologie;
- und um Fragen der Nutzbarmachung von Daten zu erörtern – dazu gehört die Nutzung von Altdaten, innovative Formen der Publikationen und der Bereitstellung von Forschungsdaten.
Künftig werden sich die Mitglieder des Clusters wieder regelmäßig online treffen, aber auch zu weiteren öffentlichen Abendveranstaltungen einladen. Für mehr Informationen zum Cluster siehe https://www.dainst.org/forschung/netzwerke/forschungscluster/cluster-3/konzept.