Rekonstruktion eines Töpferofens der Tripolje-Kultur

Orthogonales Fotomosaik eines Töpferofens aus
Stolniceni I (R. Scholz, K. Radloff)

Die Römisch-Germanische Kommission (RGK) erforscht seit 2009 zusammen mit der Universität „High Anthropological School“ in Chișinău (Republik Moldau) und der Christian-Albrechts-Universität Kiel (http://www.ufg.uni-kiel.de/de/ufg-kiel; http://archaeo-lounge.com/) die Großsiedlung am Fundplatz Stolniceni I (3900–3700 v. Chr.). Während der Voruntersuchungen und den gemeinsam durchgeführten Ausgrabungen konnten Hinweise auf 10–15 kupferzeitliche Töpferöfen festgestellt werden, von denen bislang drei bei Ausgrabungen dokumentiert wurden. In Ergänzung zu den Feldforschungen begann direkt nach den Grabungen 2017 die Auseinandersetzung mit dem Aufbau und der Funktionsweise derartiger Töpferöfen. In einem ersten Schritt sollte die Rekonstruktion der fehlenden Teile des Ofentyps erfolgen. Anschließend bestand der Wunsch, durch eine Nachbildung Feuerungs- und Brennversuche im Rahmen eines experimentalarchäologischen Projektes durchzuführen, um verschiedene Hypothesen zu überprüfen. Dafür konnte die  RGK den Verein „Die Milzener“ e. V. (Vierkirchen, Sachsen) und das Vorgeschichtliche Seminar der Philipps-Universität Marburg (https://www.uni-marburg.de/de/fb06/vfg) als Partner gewinnen. Nach einer Planungsphase wurde im Zeitraum vom 02.04. bis zum 06.04.2018 ein Ofenbefund rekonstruiert.

Als Vorlagen dienen zwei Befunde der kupferzeitlichen Siedlung Stolniceni. Anhand der  Rekonstruktion sollen, neben Fragen zur Funktionsweise des Ofens, insbesondere die mit der Nutzung entstehenden Veränderungen am Ofen festgestellt werden. Vor allem beim Aufbau der Rekonstruktion, der Befeuerung und der Ermittlung des Verbrauchs an Brennmaterial kann auf die Erkenntnisse vorangegangener Experimente zurückgegriffen werden.

Feuerungsversuche

3D-Modell der Ofenrekonstruktion am 15.09.2018 vor dem Versuchsbeginn (R. Scholz)

Nachdem der aus fast sieben Tonnen Lehm bestehende Ofen ausgetrocknet war, zeigte die erste Befeuerung vom 14.09 bis zum 16.09.2018, dass sowohl der Rekonstruktionsbau als auch der erste Feuerungsversuch erfolgreich war. Einen Raummeter Buchenholz und acht Stunden später stand fest: der Ofen funktioniert und es können ohne Probleme Temperaturen von über 850 Grad Celsius erreicht werden.

Im Juni 2019 hat das Team des Referats für Prospektions- und Grabungstechnik der RGK zusammen mit dem Verein „Die Milzener“ e. V. zwei weitere Befeuerungen durchgeführt. So wurde am 18. und 22.06 jeweils ein Durchlauf mit Keramik in der Brennkammer vorgenommen.

Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Alle Gefäße überstanden den Brand bei Temperaturen von über 800 Grad Celsius und können nun kratz- und wasserfest als Blumentopf, Stifthalter oder natürlich zu Studienzwecken eingesetzt werden.

Blick in die Brennkammer mit Keramik als Versuchskaninchen

Die Arbeit mit dem Ofen wird sicher fortgesetzt und wir werden an gleicher Stelle darüber berichten. Danke an alle Beteiligten.

R. Scholz