Die Digitalisierung des größten Nachlassarchivs des DAI Athen – Ein Beitrag von Stine Letz
Nachlässe und Archive können langweilig sein. Den Meisten gelten sie als verstaubt und uninteressant. Man denkt an zahllose, mit Büchern vollgestopfte Kisten, an Berichte und teilweise lose Textseiten, die über Jahrzehnte unbeachtet waren. Dabei kann sich ein zweiter oder sogar dritter Blick oftmals ungemein lohnen und Überraschendes zu Tage fördern.
Im Archiv des DAI Athen etwa finden sich wahre Wissensschätze, die für Archäolog:innen heute von besonderem Wert sind. Wie beispielsweise das Notizbuch von Habbo Gerhard Lolling. Er reiste zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Griechenland und besuchte berühmte Orte, wie die Athener Akropolis aber auch die für heutige Touristen fast vergessene Stätten wie Tanagra, 50km nördlich von Athen. Die von Lolling festgehaltenen Informationen zu Epigrafik und Topografie sind deshalb so wertvoll, da sie einen heute nicht mehr vorhandenen Zustand beschreiben und visualisieren.
Neben Lollings Notizbuch gehören auch die Nachlässe Wilhelm Dörpfelds und Adolf Hermann Strucks zum digitalisierten Archiv. Mit seiner Dokumentation der Grabungen am Brunnenhaus (enneakrounos) auf der Athener Akropolis, die Zeichnungen und Notizen in 25 Büchern beinhalten, hat Dörpfeld die Grundlage der modernen Bauforschung maßgeblich mit gestaltet.
Die Dokumente der Kerameikosgrabungen am Anfang des 20. Jahrhunderts und die zahlreichen Notizen zu byzantinischen Bauten Nordgriechenlands bilden den Hauptbestand des Nachlasses von Adolf Hermann Struck. Sie gewähren einen Einblick in die griechische Geschichte nach der Antike und am Beginn der christlichen Zeit, einem bisher durchaus übersehenen Forschungsfeld.
„AthenDigital“ bedeutet einen großen Schritt in die Zukunft. Mit der Digitalisierung des größten Nachlassbestands der Athener Abteilung des DAI gelang die Untersuchung und Sicherung wichtiger Dokumente, die es auch kommenden Generationen von Forschenden und Interessierten ermöglichen wird, Eindrücke aus der Anfangszeit archäologischer und (bau-)historischer Forschung in Griechenland zu erhalten. Hinzu kommt die Publikation bisher unveröffentlichten Materials, welche erst mit der Sichtung und Restaurierung des Bestandes möglich geworden ist.
Im digitalen Nachlassarchiv finden sich die Anfänge der Arbeit des DAI in Athen, die Einblicke in die Arbeit der Forschenden und ihre diversen Forschungsfelder geben und bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts sehr divers waren.
Und einen weiteren Vorteil hat das digitale Archiv: Ein Blick in den Bestand wirbelt keinen angesetzten Staub auf, sondern ermöglicht freie Sicht auf bisher Unbeachtetes.
Stöbern Sie gerne selbst: https://arachne.dainst.org/project/athenDigital#_
Der Beitrag von Stine Letz entstand im Rahmen des Fernpraktikums zur Wissenschaftskommunikation am DAI 2021.