Connecting Foodways – Feldkampagne 2020 im Sudan
Das Connecting Foodways Projekt ist kürzlich von der erfolgreichen Feldkampagne im Sudan zurückgekehrt, in der antike Ess- und Koch-Traditionen erforscht wurden. Der Hauptfokus unserer Untersuchung lag auf den Kochtöpfen, den archäobotanischen Speiseresten und der Akquirierung von Proben für Laboranalysen. Ergänzend haben wir ethnoarchäologische Beobachtungen der heutigen Kochtraditionen im Sudan durchgeführt, zu Küchenutensilien, lokalen Lebensmitteln sowie Koch- und Backmethoden.
Von Januar bis März 2020 legte das Connecting Foodways Team über 2500 Kilometer entlang des Mittleren Niltals und durch die benachbarten Wüsten zurück, um Museumssammlungen und archäologische Missionen zu besuchen. Von Khartum aus machten wir uns auf den Weg nach Norden und zogen wie eine moderne Karawane mit archäologischer Ausrüstung von Ort zu Ort, um die antiken Kochtöpfe und Küchenbefunde zu untersuchen, die bei früheren Ausgrabungen zutage kamen. Auf dem Weg erkundeten wir die archäologischen Überreste dieser Kochtraditionen an verschiedenen Ruinen-Stätten, von alten ummauerten Siedlungen und Königsstädten bis hin zu Palastkomplexen, den Gehöften von Wüstenhäuptlingen und Nomadensiedlungen.
Obwohl Keramik der weitaus häufigste Beleg für antike Praktiken im Umgang mit Lebensmitteln ist, konzentrierte sich die Archäologie bisher meist auf fein gearbeitete und verzierte Gefäße, während grobe handgeformte Kochtöpfe nicht die gleiche Aufmerksamkeit erhielten, obwohl gerade diese durch Veränderungen in Form und Technik als Indikator für interregionale Beziehungen dienen können. Indem wir Kochtöpfe und ihre Küchenkontexte an verschiedensten Orten untersuchen, vom Gash-Delta im Ostsudan bis Kordofan im Westen und im Niltal selbst bis nach Süden zum Blauen Nil, lässt sich die Verbreitung regionaler Nahrungstraditionen besser verstehen. Das ist eine wichtige analytische Grundlage für die Frage, wie die Wechselwirkungen zwischen diesen regionalen Traditionen untereinander und darüber hinaus mit anderen afrikanischen Regionen weiter östlich und westlich waren. Eines dieser ferner liegenden afrikanischen Gebiete wird Ziel unserer nächsten Feldkampagne sein: Äthiopien.
Neben den Untersuchungen zu Formen von Küchenutensilien und Bearbeitungs- und Gebrauchsspuren an Kochtöpfen bestand eine Hauptaufgabe auch darin, geeignete Proben für Laboranalysen auszuwählen. Diese Keramik-Proben sollen verschiedenen wissenschaftlichen Untersuchungen unterzogen werden, z.B. organische Rückstandsanalysen zur Identifikation möglicher Lebensmittelreste in den Poren der Scherben oder Materialanalysen zur Bestimmung der physikalischen und funktionellen Gefäßeigenschaften.
Unsere Erforschung antiker kulinarischer Traditionen umfasst aber auch die Lebensmittel selbst. Zahlreiche Bodenproben wurden systematisch gesiebt und geschlämmt, wodurch wir botanische und organische Pflanzenreste wie Holzkohle und Samen für die Artenbestimmung gewinnen konnten.
Zeitgleich führten wir ethnoarchäologische Studien zu Lebensmittelpraktiken in der heutigen sudanesischen Küche durch, ihrer materiellen Kultur, den verwendeten Pflanzen und Getreidesorten sowie den verschiedenen Zubereitungsmethoden, wie sie heute in verschiedenen Teilen des Landes Verwendung finden. Solche Beobachtungen sind eine wichtige Quelle für vergleichende Studien, da sie veranschaulichen, wie sich verschiedene kulturelle Traditionen und Geschmäcker im Laufe der Zeit durch gegenseitige Beeinflussung verändern. Wir besuchten nicht nur verschiedene Haushalte und Küchen, sondern auch agrarische Anbauflächen, lokale Märkte und Händler.
Nach sechs Wochen zurück in Khartum hatten wir 397 Keramikgefäße mit unmittelbarer Verbindung zu antiken Kochsituationen im Detail dokumentiert. Die Stücke sind wieder zusammengesetzt, in Form, Material und Oberflächenbehandlung beschrieben und fotografiert. Fast 200 organische Proben von Samen und Holzkohle wurden für botanische Analysen vorbereitet. 155 Keramikscherben wurden für Material- und Rückstandsanalysen in verschiedenen Laboren präpariert.
Die erste Feldkampagne des Connecting Foodways Projektes war ein großer Erfolg. Und obwohl wir noch viel Arbeit vor uns haben, hat sie uns schon reichlich Stoff zum Nachdenken gegeben!
Weitere Informationen über das Projekt Connecting Foodways finden Sie unter:
www.dainst.org/project/4512909 sowie www.dainst.blog/entangled-africa/p02-connecting-foodways-de/
Danksagungen
Das Team der Feldkampagne bestand aus Ulrike Nowotnick, Steven Matthews, Saskia Büchner und Hozaifa Abdelmagid. Wir möchten uns bei allen archäologischen Instituten und Missionen bedanken, die uns freundlicherweise während unserer Feldarbeit aufgenommen haben und uns Zugang zu archäologischem Material gewährten. Besonderer Dank gilt der National Corporation for Antiquities and Museums (NCAM) und dem Sudan National Museum. Für die Unterstützung und Kooperation des SPP-Projekts Entangled Africa sind wir ebenfalls sehr dankbar.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Küche einer Hassania-Siedlung in der westlichen Butana (Fotograf: C. Kleinitz, Bild-Ref.: Musawwarat2020-02-19_Foodways_8727).
Abbildung 2 1. Der nördliche Pyramidenfriedhof von Meroe; 2. Besuch der Ruinen von el-Tuweina in der Bayuda-Wüste
Abbildung 3 1. Blick in das Fundmagazin des Hamadab- Ausgrabungsprojekts; 2. Untersuchung der Materialzusammensetzung von Kochtöpfen aus der Siedlung Hamadab; 3. Rekonstruktion von Keramikgefäßen aus dem Areal der Royal Baths von Meroe; 4. Auslegen von Keramik zu Studienzwecken im Magazin des Sudan National Museum
Abbildung 4 1. Gefäß aus einer ‘outdoor‘-Küche im Areal der Royal Baths von Meroe; 2. fotografische Aufnahmen von Keramik; 3. Schlämmen von Bodenproben aus den Öfen der Siedlung Hamadab; 4. organische Rückstände nach dem Schlämmen
Abbildung 5 1. Rote Sorghum-Körner auf dem Shendi-Markt; 2. Zubereitung von Speisen für ein gemeinsames Arbeiterfest; 3. ein traditioneller Mahlstein in der Küche einer Hassania-Siedlung in der
Autoren
Steven Matthews / Ulrike Nowotnick