Attribution: J. Sigl & Copyright: Entangled Africa, KAAK
Vernetzte Forschung – Vernetztes Afrika: Bericht zur Jahrestagung 2021
Ziel des Schwerpunktprogramms (SPP) „Entangled Africa“ ist es, innerafrikanische Beziehungen und Vernetzungen der letzten 6.000 Jahre zu erforschen. Nicht nur auf Projektebene wird an der Erreichung dieses Ziels gearbeitet, sondern auch über die Projektgrenzen hinaus. Acht „Working Groups“ (WG) bilden bisher die Grundlage für eine Vernetzung der Forschungen der „Entangled Africa“ Projekte und für die Entstehung von Bildern eines vernetzten Afrika durch die Zeit. Im nun gut eingeübten Format eines virtuellen Treffens wurden am 10.01.2022 im Rahmen der vierten Vollversammlung des Programms die Weichen für die 2022 beginnende zweite Förderphase gestellt. Besonders freut es uns, dass an dieser Tagung auch Dr. Christoph Kümmel als Vertreter der DFG sowie internationale Kolleg:innen und Interessierte am Programm teilnahmen.
Wie bereits im Vorjahr, war auch 2021 in den Entangled Africa Projekten von Erfolgen und leider auch Einschränkungen geprägt. Trotz der anhaltenden Pandemie und politischer Instabilitäten in einigen der im Forschungsfokus stehenden Regionen Afrikas wurden erneut spannende Ergebnisse erzielt und Fortschritte gemacht. Wichtig war es vor allem, die Ziele einiger der im Anfang 2021 formell gegründeten Working Groups nochmals zu schärfen. So stellte sich ein Fokus auf Lebensmittelproduktionssysteme und kulinarische Praktiken in den Savannen südlich der Sahara als gemeinsames Ziel der Projekte der WG „Savannah Economy“ heraus. Es wird eine für das SPP Entangled Africa nutzbare und relevante Definition für die Termini „Savannah Economy“ und „ Oasis economy“ gefunden werden müssen.
Eine wichtige Basis für Leben ist Wasser, ein Rohstoff, der auch in anderen Working Groups eine zentrale Rolle spielt. So beschäftigt sich die WG „River Systems“ mit einigen der großen Flusssysteme Afrikas, dem Nil, Kongo, Niger und Senegal, und deren Funktionen als verbindende und trennende Elemente im Leben der Menschen alter Zeit. Grundwasser und Brunnen sowie Regenwasserspeicher, wie die sogenannten Hafire, zur Versorgung größerer Orte und dem dazugehörigen Umland sind essentielle Teile der Austauschnetzwerke in und um die größte Trockenwüste der Erde. Sie bilden unter anderem Themen der Arbeiten der WG „Link Kordofan“, in der die verbindenden Elemente zwischen Mittlerem Niltal und westlich gelegenen Regionen untersucht werden.
Die Arbeit in den Working Groups verdeutlicht schließlich die große Bedeutung geordneter Datenerhebung samt dem dazugehörigen Forschungsdatenmanagement. Die methodischen Working Groups des SPP haben diesen Aspekt im Fokus. Im Rahmen der WG „Pottery“ wurden Vorschläge für eine afrikaweite Aufnahme von Keramikdaten erarbeitet, die in Kürze veröffentlicht werden. Botanische Daten werden für die Einspeisung in Noetoma und ArboDat 2018 in der WG „Data collection natural sciences“ gesammelt und harmonisiert. Zur Auswertung von Daten im SPP und in den Working Groups dient die WG „Network Analysis“ als Anlaufstelle für alle, die sich mit statistischer Darstellung von Daten zu Netzwerken beschäftigen.
Und schließlich zielt die Arbeit der WG „Data integration“ darauf ab, Forschungsdaten wie Bilder aber auch chronologische Phasen in die Webservices des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) einzuarbeiten. In enger Zusammenarbeit mit den Kolleg:innen der wissenschaftlichen Informationstechnologie in Berlin wird an der weiteren Verfeinerung dieser Systeme gearbeitet. Die über Entangled Africa eingespeisten neuen Daten sollen zum Ende der Förderphase des SPP mit einer speziellen Applikation, dem „Entangled Africa Data Explorer“, kontinentübergreifend abgefragt werden.
Einen spannenden Beitrag, hervorgehend aus der Arbeit am Webservice iDAI.chronontology, kam aus den Reihen der jungen Wissenschaftler:innen des SPP. Ausgehend von der im Arbeitsprozess entstandenen Frage, wie die Rolle der Herrscherinnen besser in der ägyptischen Chronologie abgebildet werden kann, soll perspektivisch ein genereller Ansatz ausgearbeitet werden, der dazu beitragen kann, die Sichtbarkeit von Frauen in den archäologischen und historischen Daten hervorzuheben. Um die projektübergreifende Forschung an diesem Thema besser zu koordinieren, wird eine neue WG gegründet.
Zum Abschluss der Tagung wurde das Konzept für die 2024 zu eröffnende deutsch-afrikanische Wanderausstellung unter dem Arbeitstitel „Planet Africa“ erstmals allen Mitgliedern des SPP vorgestellt. In diese werden die wissenschaftlichen Erkenntnisse des SPP maßgeblich einfließen und auf eine neuartige Weise der interessierten Öffentlichkeit in Deutschland und Afrika zugänglich gemacht. Das Konzept beinhaltet eine Vielzahl digitaler Medienprodukte und einen großen inhaltlichen Spielraum, der von den jeweiligen Ausstellungsorten/-ländern mit eigenem ortsspezifischen Content gefüllt werden kann. Den Rahmen bilden sechs variable Module, die Afrika aus unterschiedlichen archäologischen Perspektiven – von seiner einzigartigen Landschaft über die Menschwerdung bis hin zu den kontinentüberspannenden Netzwerken alter Kulturen – beschreiben.
Das verbindende Element dieser Module sind Illustrationen zu den archäologischen Erkenntnissen erstellt von afrikanischen Künstler:innen. Diese prägen auch das leitende Farbschema jedes Moduls. Mit dieser Verbindung aus Erkenntnissen zur Vergangenheit und künstlerischer Interpretation aus der Gegenwart erhält das Ausstellungskonzept eine einzigartige Authentizität.