Archäologische Forschungen in Wuqro

Äthiopisch-deutsche Forschungen in Wuqro / Tigray (Projektphase 2016–2020)

Der Kulturtransfer zwischen Südarabien und dem nördlichen Horn von Afrika im 1. Jt. v. Chr. ist bislang wenig erforscht. Insbesondere die Rolle der autochthonen Bevölkerung und ihrer materiellen Kultur und Architektur ist hinsichtlich dieses Zeitraums weitestgehend unklar. Der Fundort Wuqro belegt durch die im Almaqah-Tempel gefundene Altarinschrift nicht nur politisch und ideologisch eine große Nähe zu Yeha, auch markiert der Ort die südöstliche Grenze des äthio-sabäischen Kulturraums. Obgleich das Kultinventar und die Inschriften aus dem Almaqah-Tempel deutlichen sabäischen Einfluss aufzeigen, weist ein Großteil der Keramikassemblagen und Kleinfunde des Fundplatzes auf starke lokale und regionale kulturelle Traditionen hin. Architekturbefunde unter dem Almaqah-Tempel weisen auf große Bauwerke hin, die möglicherweise mindestens eine oder sogar zwei Jahrhunderte vor der Zeit der Äthio-Sabäer liegen. Weitere Forschungen in Wuqro haben zum Ziel, die lokale Kultur und ihre Beziehung zu Südarabien im letzten vorchristlichen Jahrtausend aufzuklären.

Die Ausgrabungen in Wuqro wurden 2017 wieder aufgenommen und konzentrierten sich auf vier Fundstellen in und um das Dorf Addi Akaweh bei Wuqro. Bei den Arbeiten wurde im Areal der vom Einsturz bedrohten Kirche von von Abunä Gärima (fig. 1) ein stark verbranntes, großes äthio-sabäisches Gebäude erfasst. Es zeigt die charakteristische Bauweise aus holzarmierten Bruchsteinmauerwerk auf (fig. 2). Aufgrund der rezenten sakralen Nutzung der Kirche wurden die Arbeiten nicht fortgeführt. Weitere Ausgrabungen wurden im Dorf von Addi Akaweh und an einem 500 m westlich vom Dorf entfernten Hügel, Kwana Abo-Muhur, durchgeführt. Während die Befunde in Addi Akaweh Teile eines Monumentalgebäudes aus prä-aksumitischer und aksumitischer Zeit darstellen (fig. 3), wiesen die Sondagen in Kwana Abo Muhur vornehmlich post-aksumitische und subrezente Strukturen auf. Am exponierten, ebenfalls stark verbrannten äthio-sabäischen Monumentalgebäude von Ziban Adi, welches anhand von 14C-Daten möglicherweise in das Ende des 2. Jt. v. Chr. datiert werden kann, wurden die Ausgrabungen fortgesetzt. Erzielt war damit, etwaige Charakteristika von Eingängen (fig. 4) sowie Außenfassadengestaltung äthio-sabäischer Monumentalbauten zu erhalten, um sie mit den Befunden in Yeha in typologische und chronologische Relation setzen zu können. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Wuqro das Potenzial birgt, die frühen Phasen des äthio-sabäischen Kulturphänomens aufzuzeigen.

Mitglieder

Dr. Kristina Pfeiffer

DAI Orientabteilung | Außenstelle Sanaa

kristina.pfeiffer@dainst.de

Dr. Iris Gerlach

DAI Orientabteilung | Außenstelle Sanaa

iris.gerlach@dainst.de

Prof. Dr. Norbert Nebes

Friedrich-Schiller-Universität Jena | Semitische Philologie und Islamwissenschaften

norbert.nebes@uni-jena.de

Projektpartner

Authority for Research & Conservation of Cultural Heritage (ARCCH)

Ministry of Culture & Tourism

P.O. Box 13247 | Addis Abeba, Ethiopia

Tigrai Culture and Tourism Bureau (TCTB)

P.O. Box 124 | Mekelle, Ethiopia

tigraitourism@gmail.com

 

Abbildungen

Fig. 1    Ansicht der vom Einsturz bedrohten Dorfkirche von Abunä Gärima mit angelegter Sondage II
              [Deutsches Archäologisches Institut, Foto von A. Lienig].

Fig. 2    Freigelegtes Mauerwerk eines großen äthio-sabäischen Gebäudes mit Brandspuren und
              charakteristischer Bauweise, Sondage II Abunä Gärima [Deutsches Archäologisches Institut, Foto
              von S. Reichmuth].

Fig. 3    Finales Planum der Sondage in einem aksumitischen Monumentalgebäude in Addi Akaweh
              [Deutsches Archäologisches Institut, Foto von S. Reichmuth].

Fig. 4   Ansicht der südlichen Laibungsmauer im Eingangsbereich des Monumentalgebäudes von Ziban Adi
              [Deutsches Archäologisches Institut, Foto von S. Reichmuth].