Archäologische Untersuchungen in Hawelti und Melazo

Hawelti und Melazo – zwei äthio-sabäische Fundstätten in der Provinz Tigray, Äthiopien

Neben Yeha und Wuqro zeugen auch die 10 km südöstlich von Aksum gelegenen Fundplätze Hawelti und Melazo von dem im frühen 1. Jt. v. Chr. einsetzenden Kulturwandel, der durch die Migration südarabischer Bevölkerungsgruppen in diese Region ausgelöst wurde.

Das landwirtschaftlich genutzte Gebiet wird geographisch von einigen Erhebungen geprägt, die durch Flüsse durchschnitten werden. Auf einem der Hügel erstreckt sich ein Stelenfeld, welches dem Platz auch seinen Namen gibt: Hawelti bedeutet Stelen (Abb. 1). Seit 2009 erforscht die Außenstelle Sanaa in einem äthiopisch-deutschen Kooperationsprojekt diese Region und führt damit die bereits in den 1950er Jahren vom Ethiopian Archaeological Institute begonnenen Ausgrabungen fort.

Bei den 21 bekannten rechteckigen Stelenfragmenten handelt es sich nicht um Pfeiler eines Bauwerks, sondern um Kultmale, die unterschiedliche Maße und Bearbeitungsspuren zeigen. Sie stehen in keinem architektonischen Bezug zueinander, auch wenn die meisten der heute sichtbaren Monumente mehr oder weniger regelmäßig um eine Vertiefung gruppiert sind. Ursprünglich waren sie bis zu 10 m hoch und bis zu 30 t schwer (Abb. 2). Auf einigen Stelen waren Inschriften mit altsüdarabischen Buchstaben eingemeißelt.– Im Gegensatz zu den bekannten Stelen von Aksum markierten die Stelen von Hawelti keine Gräber. Eine kultisch-rituelle Nutzung ist jedoch anzunehmen, die vermutlich im Zusammenhang mit der äthio-sabäischen Herrschaft stand.

In unmittelbarer Nähe erhoben sich zwei heute nicht mehr erhaltene Gebäude, die von den damaligen Ausgräbern als Tempel gedeutet wurden und in deren Umfeld sich zahlreiche Objekte fanden. Besonders bemerkenswert sind zwei sitzende Frauenstatuen und ein mit Reliefs verzierter Thron, die sich heute im Nationalmuseum in Addis Abeba befinden. In einer benachbarten Grube kamen bei den früheren Grabungen anthropomorphe und zoomorphe Figurinen sowie Hausmodelle aus Ton, Bronzewerkzeuge und -geräte, Schmuck und Tongefäße zum Vorschein, bei denen es sich vermutlich um Weihgaben handelte.

Etwa 1,5 km südöstlich von Hawelti liegt jenseits eines Flusstals das Plateau von Melazo (Abb. 3). Frühere Ausgrabungen hatten hier mehrere Gebäude aus äthio-sabäischer und aksumitischer Zeit, sowie Inschriftenblöcke und Objekte wie Altäre und Weihrauchbrenner zu Tage gefördert. Die jüngsten Forschungen legten ein weiteres monumentales Gebäude aus der 1. Hälfte des 1. Jts. v. Chr. (Abb. 04) frei, dessen Bauweise mit lehmvermörtelten Bruchsteinen und Holzbalken jener des Palastes in Yeha ähnelt. Ohne dass die Gesamtgröße bislang bekannt ist, scheint es auch ähnliche Dimensionen gehabt zu haben. Die Funktion dieses Monumentalbaus wird die eines Palastes oder eines Verwaltungsbaus gewesen sein.

Ausgedehnte Surveys belegen bisher über 70 weitere Fundstellen. Die Funde reichen von Keramikscherben bis hin zu Gebäuderesten und sind vornehmlich der äthio-sabäischen sowie aksumitischen Zeit zuzurechnen. Sie lassen eine eher lockere und vermutlich ländlich geprägte Besiedlung rund um die repräsentativen Bauten und das Stelenfeld vermuten.

Mitglieder

Dr. Iris Gerlach

DAI Orientabteilung Außenstelle Sanaa

iris.gerlach@dainst.de

Prof. Dr. Norbert Nebes
Friedrich-Schiller-Universität Jena | Semitische Philologie und Islamwissenschaften

norbert.nebes@uni-jena.de

Kooperationspartner

Dipl.-Ing. Maren Lindstaedt

HCU Hamburg | Geodäsie und Geoinformatik

maren.lindstaedt@hcu-hamburg.de

Dipl.-Ing. Klaus Mechelke

HCU Hamburg | Geodäsie und Geoinformatik

klaus.mechelke@hcu-hamburg

Prof. Dr. Joris Peters

Ludwig-Maximilians-Universität München

joris.peters@palaeo.vetmed.uni-muenchen.de

PD Dr. Dietrich Raue

Karl-Marx-Universität Leipzig | Ägyptisches Museum – Georg Steindorff

dietrich.raue@uni-leipzig.de

Prof. Dr.-Ing. Thekla Schulz-Brize

TU Berlin | Historische Bauforschung und Denkmalpflege

thekla.schulz-brize@tu-berlin.de

Dr. Christian Weiß

Eberhard-Karls-Universität Tübingen | Geological Survey and Consulting Tübingen

christianweiss@posteo.de

Projektpartner

Dr. Mulugeta Fisseha

Authority for Research and Conservation of Cultural Heritage (ARCCH) Ethiopia

mulugetafyg@gmail.com

Birkti Gebremedhin

Tigrai Culture and Tourism Bureau (TCTB) Ethiopia

gbirkti@gmail.com

Negassi Awetehey

Aksum University | Department of archaeology and heritage management

negasiawetehey@gmail.com

Abbildungen

Fig. 1    Blick über das Stelenfeld von Hawelti [DAI Orientabteilung, Foto von M. Schnelle].

Fig. 2    Detail einer pfeilerartigen Stele aus Hawelti [(DAI Orientabteilung, Foto von M. Schnelle].

Fig. 3    Blick nach Süden über das Plateau von Melazo [DAI Orientabteilung, Foto von Th. Menn].

Fig. 4    Blick in das Holz-Stein-Gebäude in Melazo während der Grabungs- und Restaurierungsarbeiten
              [DAI Orientabteilung, Foto von I. Wagner].