ISLAMAFR - Eroberung, Ökologie und Ökonomie im islamischen Nordafrika: Das Beispiel des zentralen Medjerdatals
Die muslimische Eroberung des byzantinischen und maurischen Nordafrikas hatte städtebauliche, ökologische und ökonomische Konsequenzen, die für das Verständnis der Entwicklung der nordafrikanischen Gesellschaft von grundlegender Bedeutung sind. Doch was seit langer Zeit über den Zusammenbruch der römischen Herrschaft und den Auswirkungen der muslimischen Eroberungen in Nordafrika in den Lehrbüchern steht, in denen das achte und neunte Jahrhundert oft als ein dunkles Zeitalter angesehen wird, muss überarbeitet und in Teilen neu geschrieben werden. Laufende Ausgrabungen in den benachbarten urbanen Zentren Simitthus (Chimtou) und Bulla Regia (Hammam Darraji) im Nordwesten Tunesiens haben die Komplexität der urbanen Entwicklung, der technologischen Innovation und der Umweltveränderungen im Mittelalter aufgezeigt. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen sollen im Rahmen von ISLAMAFR grundlegende Lücken in unserem Verständnis der kulturellen, wirtschaftlichen und landschaftlichen Veränderungen im mittelalterlichen Nordafrika geschlossen werden und das über die einfache Frage der städtischen Kontinuität oder des Zusammenbruchs in der Spätantike und im Frühmittelalter hinaus. In welchem Ausmaß wirkte sich der Regimewechsel überhaupt direkt auf Wirtschaft und Sozialstruktur aus und brachte Veränderungen hervor? Dies soll anhand der Beobachtung langfristiger Veränderungen von Siedlungsmustern und Landschaftsnutzung im zentralen Medjerdatal, beurteilt werden, wobei fachübergreifend gearbeitet wird. Ziel ist das Erfassen und Auswerten von Siedlungssequenzen, deren feinstratigraphische Kontexte in Hinblick auf ihre materiellen, vor allem auch archäozoologischen und -botanischen Hinterlassenschaften untersucht werden. Hinzu werden Umweltdaten aus dem Hinterland der Stätten extrahiert, um die sich ändernden Klima- und Umweltbedingungen zu verstehen. Diese Daten werden mit relevanten lateinischen, griechischen und arabischen Quellen in Zusammenhang gebracht. Die Ergebnisse werden in den Kontext der Entwicklungen im Mittelmeerraum und in der islamischen Welt gestellt, die das „erste islamische Jahrtausend“ kennzeichnen. Dieses Projekt wird letztlich sowohl zu einem grundlegenden Fortschritt in unserem Verständnis des islamischen Nordafrikas als auch zu einem neuen Interpretationsrahmen führen, der auf andere Regionen übertragen werden kann.
Mitglieder
Dr. Philipp von Rummel
DAI Zentrale
generalsekretaer@dainst.de
Dr. Corisande Fenwick
University College London / Institute of Archaeology
c.fenwick@ucl.ac.uk
Dr. Heike Möller
DAI Zentrale
heike.moeller@dainst.de
Kooperationspartner
Prof. Dr. Wiebke Bebermeier
FU Berlin / Institut für Geographische Wissenschaften
wiebke.bebermeier@fu-berlin.de
Dr. Moheddine Chaouali
Institut National du Patrimoine / INP, Tunisie