Die königlichen Bäder von Meroë
Die antike Stadt Meroë liegt im Mittleren Niltal, gut 200 km nördlich von Khartoum. Hier in der Region zwischen dem 5. und 6. Katarakt befand sich von etwa 300 v. Chr. bis 350 n. Chr. das Zentrum des afrikanischen Reiches von Kusch. In den Jahrhunderten um die Zeitenwende florierte die Bautätigkeit in der Residenzstadt Meroë, in diesem Zuge wurden auch die sog. Royal Baths direkt neben den königlichen Palästen errichtet.
Der Gebäudekomplex ist ohne Parallele im meroitischen Kulturraum. Er umfasst ein 7 x 7 m großes und 2,40 m tiefes Wasserbecken sowie die Exedra mit vier majestätischen Sitzen, umgeben von einem Garten, durch den offene Wasserkanäle zum Becken führten. Dort plätscherte Wasser vor der Kulisse einer reich mit Sandstein-Skulpturen, Fayencen und Wandmalereien ausgestatteten Schauwand ins Becken, und auch aus einer Säule im Becken floss Wasser hinab.
Das einzigartige Ensemble ist ein bedeutendes Zeugnis für Kulturtransfer zwischen dem Mittelmeerraum und Subsahara-Afrika um die Zeitenwende. Neben der Inszenierung des Elements Wasser zogen auch die Bilder von Musik, Tanz und Wein die Aufmerksamkeit auf sich. Die Darstellungen sind teils aus der griechisch‐dionysischen Bilderwelt entlehnt, werden jedoch explizit in die indigene Vorstellungswelt integriert. Anregungen für die Bilder kamen über die Kontakte des meroitischen Königshauses mit den nördlich benachbarten Dynastien, mit den Ptolemäern in Ägypten, den Hasmonäern in der Levante und mit den Römern. So werden die Royal Baths in Meroë zum Ort für ein heiteres Festgeschehen, das für Wohlergehen und Fruchtbarkeit unter dem Schutz der Götter steht.
Seit 1999 erforschen das DAI und der sudanesische Antikendienst gemeinsam die Bauentwicklung, Ausstattung und Wasserinstallationen sowie die Bedeutung des Bauwerks, das zum Weltkulturerbe gehört. Nach stetigen Konservierungsmaßnahmen wird ein neuer Schutzbau zum Erhalt der Anlage und für eine attraktive Besucherführung errichtet.
Mitglieder
Dr. Simone Wolf
DAI Zentrale
simone.wolf@dainst.de
Dr. Hans-Ulrich Onasch
DAI Zentrale
hans-ulrich.onasch@dainst.de
Partnerorganisationen
National Corporation for Antiquities and Museums (NCAM)
Khartoum, Sudan
Abbildungen
Fig. 1 Blick auf das Wasserbecken der Royal Baths mit der reich ausgestatteten Schauwand [© DAI, Meroë
Royal Baths Projekt (D-DAI-Z-MRB_20010100_MF-0911, H.-U. Onasch)].
Fig. 2 Simulation des Beckenbereichs der Royal Baths in der Antike, 3D-Modell basierend auf 3D-Scan und
photogrammetrischer Aufnahme [© DAI, Meroë Royal Baths Projekt (D-DAI-
Z-MRB_20170000_3D-0001, K. Aldenhoven, H.-U. Onasch, TrigonArt Berlin)].
Fig. 3 Entwurf des neuen Schutzbaus für die Royal Baths von Kéré Architecture, 2015 [© DAI, Meroë Royal
Baths Projekt (Kéré Architecture, Berlin)].
Fig. 4 Schematischer Grundriss der Royal Baths in Meroë, 2015 [© DAI, Meroë Royal Baths Projekt
(E. Richter, Grundlage Plan J. Garstang 1912-1914 und Daten des MRB-Projekts)].