Simitthus – Chimtou

Simitthus/Chimtou. Die Stadt des "Marmor Numidicum"

Das antike Simitthus (Chimtou, Tunesien) liegt im Nordwesten Tunesiens nahe der algerischen Grenze an den Ufern des Flusses Medjerda und war mehr als 500 Jahre Teil der römischen Provinz Africa Proconsularis. Der bekannte und in der Antike hoch geschätzte marmor Numidicum, heutzutage auch als Giallo antico bezeichnet, wurde an der Bergzunge in Chimtou abgebaut und war bereits bei den Altgrabungen und vorausgehenden Projekten Ziel der Forschung, die seit 1965 gemeinsam vom tunesischen Landesdenkmalinstitut, Institut National du Patrimoine (INP), und dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI) praktiziert wurden. Im Jahre 2009 griff man dieses Projekt erneut auf und fortan werden unter der Leitung von Philipp von Rummel (DAI), ehemals Mustapha Khanoussi (bis 2012) und Moheddine Chaouali (INP) neue Fragestellungen und die Verifizierung der Altgrabungen vorgenommen. Gegenwärtige Arbeiten finden sowohl am Forum als auch am sog. Kaiserkultareal statt, einem möglicherweise frühkaiserzeitlichen Kaiserkulttempel, ferner konnte mithilfe von diversen geophysikalischen Untersuchungsmethoden und grundlegenden Vermesssungsarbeiten eine große Menge neuer Daten zum Stadtplan und der Siedlungsgenese in ein GIS überführt werden. Außerdem erweiterten neue Forschungen zu den Medjerda-Brücken, der Stadt und ihres Umlandes und einzelne Forschungsarbeiten von Mitarbeitern das Wissen über die antike Stadt erheblich. Die aktuellen Arbeiten werden von aufwendigen Restaurierungsprozessen unter der Leitung von Jan Martin Klessing (Berlin) begleitet, in denen unter anderem das Tempelpodium des sog. Kaiserkulttempels sowie römische und früharabische Häuser am Forum rekonstruiert werden.

Die Stadt Simitthus besitzt jedoch weit mehr als die Steinbrüche und aktuell bearbeiteten Bereiche und kann als eine der wenigen Städte Nordafrikas über einen Zeitraum von der Eisenzeit bis ins Mittelalter nachvollzogen werden. Die römische Stadt ist geprägt durch mehrere große Tempel und Platzanlagen, ein römisches Forum mit Ehrenbogen, Basilika und Nymphäum, einem szenischen Theater und einem Amphitheater, Thermenanlagen, einem ca. 14 km langen Aquädukt und einem in der gesamten antiken Welt einzigartigen Lagerkomplex, der zur administrativen Versorgung der Steinbrucharbeiten und zur Produktion von Marmorartefakten diente.

In den rezenten Ausgrabungen war es am Forum möglich, mithilfe von C14- Datierungen die ältesten Siedlungsschichten festzustellen, die ins 8. Jh. BCE zu datieren sind. Im Laufe des 2. Jhs. BCE zwischen dem 1. und 2. Punischen Krieg, dehnte der numidische König Massinissa sein Territorium weit nach Osten in die sog. Campi Magni, die fruchtbaren Felder des Medjerdatals aus und eroberte die Region um Simitthus im Jahr 152 BCE Wohl unter seinem Sohn und Nachfolger Micipsa (148 – 118 BCE) errichtete man auf dem Djebel Bourfifa das sog. Höhenmonument als „Landmarke“, womit auch die erstmalige Verwendung des marmor Numidicum und seine Erschließung verbunden wird. Simitthus wurde im Jahre 46 BCE in die römische Provinz Africa Nova eingegliedert und erzielt unter Augustus des Status einer römischen Kolonie, womit die Stadt fortan den Namen Colonia Iulia Augusta Numidica Simitthensium trug. Nach ungefähr 500 Jahren im Römischen Imperium wurde die Region 439 CE ins vandalische Königreich überführt, jedoch bereits ca. 100 Jahre später 533 CE unter Kaiser Justianian wieder ins Öströmische Reich integriert. In der 2. Hälfte des 7. Jhs. CE fiel die Region an die arabischen Truppen im Zuge der arabischen Invasion Nordafrikas. Die jüngsten archäologischen Nachweise in der Stadt werden ins 11. Jh. CE datiert.

Einen Höhepunkt in der Museumslandschaft Tunesiens stellt das 1996 eröffnete Archäologische Museum Chimtou auf dem Ausgrabungsgelände dar. In diesem sind die bekanntesten und wichtigsten Artefakte der Stadt und ihres Umlandes ausgestellt. Das Spektrum der Exponate reicht von libyisch- punischen Stelen bis hin zu Weihaltären aus der Stadt, der bekannten Brückeninschrift Trajans als auch einer Rekonstruktion des Höhenmonuments vom Djebel Bourfifa anhand der geborgenen Bauteile.

Mitglieder

Dr. Philipp von Rummel

DAI Zentrale

generalsekretaer@dainst.de

 

Dennis Mario Beck

Uni Bonn

dbeck@uni-bonn.de

Abbildungen

Fig. 1    Topografische Karte von Simitthus/Chimtou [Karte von Institut national du Patrimoine (INP)].

Fig. 2    Rekonstruktionszeichnung des römischen Chimtou [Gemälde von Jean-Claude Golvin].

Fig. 3    Hellenistisches Höhenmonument und antikes Stadtzentrum von Chimtou [Foto von J. Linstädter].

Fig. 4    Eisenzeitliche Nekropole unter römischenm Forum in Chimtou [Foto von J. Linstädter].

Fig. 5    Ausbildung von Steinmetzen im Rahmen des Chimtou Projekts [Foto von J. Linstädter].