20 Jahre archäologische Forschung – 20 Jahre Kooperation in Vojtenky

Autoren: Erdmute Schultze PhD und Prof. Mikhail Ljubicev


2004 begann die Germanisch-Slawische archäologische Expedition der Nationalen V. N. Karazin-Universität Charkiw archäologische Untersuchungen in Vojtenky im Kreis Bogoduchiv.

Vojtenki Karte
Fig. 1: Der Fundplatz Vojtenki und das Verbreitungsgebiet der Sântana de Mureş-Černjachov-Kultur im 4. Jh. n. Chr. (Foto: Germanisch-slawische archäologische Expedition Charkiw).

Der Platz westlich des Dorfes war bereits bekannt durch Oberflächenfunde und eine kleine Grabung 1975 auf einer Siedlung der Černjachiv-Kultur (ukr. Черняхівська культура), die mit den Goten verbunden wird. In dem Areal der Siedlung wurde 2004 unter der Leitung von M. V. Ljubičev ein Töpferofen entdeckt. Die Expedition untersuchte seitdem weitere Teile der Siedlung auf den Hängen eines kleinen Wasserlaufes, der heute zu Teichen angestaut ist. Dabei wurden innerhalb von 20 Jahren die Reste ebenerdiger und eingetiefter Gebäuden, aber auch weitere 3 Töpferöfen freigelegt. Das Fundmaterial umfasst vor allem einheimische Drehscheibenkeramik, außerdem viele Metallfunde, darunter Fibeln, Schnallen, Geräte und auch römische Münzen. Danach wurde die erste Siedlung noch im 3. Jh. angelegt, vom 4. Jh. bis zum Anfang des 5. Jhs. bestand hier eine ausgedehnte Siedlung der Černjachiv-Kultur.

Fig. 2: Blick auf die Bereiche der Siedlung und den Bestattungsplatz in Vojtenki, schwarz markiert die bisher ausgegrabenen Flächen (Graphik: Germanisch-slawische archäologische Expedition Charkiw).

2005 wurde das dazugehörige Gräberfeld etwa 200 m oberhalb der Siedlung entdeckt und bis 2021 273 Gräber ausgegraben. Entsprechend der vielfältigen Bestattungssitten dieser Kultur handelt es sich dabei um 128 Körpergräber, 143 Brandgräber und 2 Kenotaphe. Damit ist das Gräberfeld Vojtenky (ukr. Войтенки) der größte bisher untersuchte Bestattungsplatz der Černjachiv-Kultur (ukr. Черняхівська культура) im Osten ihres Verbreitungsgebietes.

Im Jahr 2005 – und das ist das zweite Jubiläum – begann auch die Kooperation zwischen der Universität Charkiw (ukr. Харків) und der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts in mehreren Projekten. So wurde die Keramik von Vojtenky und benachbarten Siedlungen mit archäologischen und naturwissenschaftlichen Methoden analysiert, Charakter und Umfang der Keramikproduktion untersucht.

In einem landschaftsarchäologischen Projekt standen die Besiedlungsentwicklung und Infrastruktur der Mikroregion um Vojtenky während der späten römischen Kaiserzeit im Mittelpunkt. Das gegenwärtig laufende Kooperationsprojekt ist der Analyse der Gräber zur Rekonstruktion der Sozialstruktur der Siedlungsgemeinschaft gewidmet. Hier sind anthropologische Untersuchungen und Sr-Isotopenanalyse inbegriffen. Die Resultate der Projekte wie auch wichtige Grabungsergebnisse wurden und werden in zahlreichen gemeinsamen Publikationen publiziert. 

Fig. 3: Funde aus Gräbern: Fibeln, Glasperlen, Tonspinnwirtel, einheimische Keramikbecher und eine römische Amphora (Foto: Germanisch-slawische archäologische Expedition Charkiw).

Die Grabungstätigkeit in Vojtenky (ukr. Войтенки) wurde bis 2021 fortgesetzt. Die Basis der Expedition war nicht nur Organisationszentrum der Geländearbeiten, sondern diente in den vergangenen zwei Jahrzehnten auch immer wieder als Veranstaltungsort für internationale wissenschaftliche Treffen und ist bis heute Ausgangspunkt für populär-wissenschaftliche Veranstaltungen, um die Ergebnisse der Untersuchungen publik zu machen.

Fig. 4: Vasilij Rusnak zeigt einer Jugendgruppe Funde aus Vojtenki (Foto: Germanisch-slawische archäologische Expedition Charkiw).
Fig. 5: Internationale Tagung als „Feldseminar“ auf der Basis der Expedition in Vojtenki (Foto: Germanisch-slawische archäologische Expedition Charkiw).

Erdmute Schultze PhD

c/o Eurasia-Department, German Archaeological Institute

Im Dol 2-6

Germany 14195 Berlin

erdmute.schultze@dainst.de

Prof. Mikhail Liubichev

School of History, Kharkiv National V. N. Karazin University

Svobody Sq. 6

Ukraine 61022 Kharkiv

gsae@karazin.ua

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